Huhu,
so schön Cairns auch ist: Wir hatten irgendwann die Nase voll. Ständig nur Stadt ist nicht mehr so unser Ding, insbesondere, wenn die Natur rundherum so einmalig ist. Deshalb fuhren wir Richtung Norden in den Daintree National Park, der auch Teil des Welterbes ist.
Mitten durch den Regenwald fließt dort der Daintree River, in dem, wie in so ziemlich allen Flüssen dort, Krokodile leben. Nicht nur die harmlosen Süßwasserkrokos, sondern auch die für Menschen gefährlichen Salzwasserkrokos, die übrigens auch im Süßwasser vorkommen.
Normalerweise sieht man die Krokodile gar nicht, wenn sie sich irgendwo zwischen den Mangroven verstecken oder gerade im Wasser unterwegs sind. Und wenn doch, ist man ihnen wahrscheinlich schon zu nahe. Auf dem Daintree River werden jedoch Bootstouren angeboten, um sich die Tierchen anschauen zu können. Abgelenkt durch das von vielem Grün umgebene ruhige Wasser und dem Gezwitscher versteckter Vögel hätten wir Passagiere wohl die meisten Krokos nicht entdeckt, wenn der Kapitän nicht so ein geübtes Auge gehabt hätte. Die jüngeren und vor allem kleineren Tiere begegneten uns eher in den Seitenarmen des Flusses.
Auch die in den Ästen hängenden Schlangen hätten wir selbst wohl nicht entdeckt. Die großen Kroko-Exemplare lagen eher auf sandigen Stellen am Ufer des Hauptflusses. Einige Krokodile waren etwa 4 Meter lang… denen will man beim Baden nicht begegnen. Aber selbst wir Touristen in den Booten waren nicht vollkommen sicher: Wir durften uns nicht über den Rand des Bootes lehnen, auch keinen Arm über die Reling hängen lassen, weil Krokodile ein ganzes Stückchen aus dem Wasser springen können. Vor einiger Zeit ist bei solch einer Tour sogar jemand umgekommen: Eine Familie war mit ihrem Hund an Bord, als dieser ins Wasser sprang. Der Sohn lehnte sich über Bord, um dem Hund aus dem Wasser zu helfen. Er wusste jedoch nicht, dass ganz in der Nähe ein Krokodil lauerte. Der Sohn wurde ins Wasser gezogen und starb, der Hund lebt noch heute.
Nachdem wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten, überquerten wir den Daintree River mit der Fähre und besuchten ein Regenwalderkundungszentrum. Da gabs allerhand Wissenswertes zu den Pflanzen, Tieren usw., auch ein Turm war vorhanden, der bis in die Gipfel der Bäume führte und zu jeder Vegetationsetage Infos bereit hielt. Wir fanden es dort so interessant, dass wir schließlich gegangen wurden, als das Zentrum abends schloss. Die Nacht verbrachten wir anschließend ein paar Meter vom Strand entfernt. Da wir dort wie so oft schwarz campten, machten wir uns schon früh morgens auf die Socken. Nach nur wenigen Hundert Metern Fahrt stoppten wir abrupt, weil in einiger Entfernung etwas auf der Straße war. Wir hatten Kasuare im Verdacht. Das sind große, flugunfähige Vögel, die hier in den Tropen leben und vom Aussterben bedroht sind, weil ihnen unter anderem die Autos zu schaffen machen. Besonders auffällig ist ihr Horn auf dem blauen Kopf, das zusammen mit dem roten Geschlabbel am Hals in Kontrast zum schwarz gefiederten Rest des Körpers steht. Kann man sich in etwa wie ein Emu vorstellen, nur cooler.
Während Ronja das Teleobjektiv auf die Kamera schraubte, verschwand der große Vogel mit seinem kleinen Begleiter im dichten Gestrüpp neben der Straße. Ich bin noch hinterher, habe sie in dem Dickicht aber nicht mehr gefunden. Etwas Abstand halten wollte ich lieber auch, weil Kasuare mit ihren Krallen wohl böse Verletzungen verursachen können. Auch wenn wir kein Foto machen konnten, sind wir uns sicher, einen ausgewachsenen Vogel und sein Küken gesehen zu haben.
Danach wollten wir duschen gehen. Also fuhren wir zu einem Campingplatz und überlegten, entweder einfach schnell unter deren Gästedusche zu springen oder brav um Erlaubnis zu bitten. Weil wir einen nicht ganz so dreisten Tag hatten, gingen wir die Duschräume erst einmal inspizieren. Eklig, aber immerhin eine Dusche. Als wir gerade zum Auto zurück wollten, um Shampoo und so zu holen, stand abermals ein Kasuar mit seinem Küken vor uns, mitten auf dem Rasen, genau in der Sonne. Hätte die Kamera nicht im Auto gelegen, wäre das sicherlich ein tolles Foto geworden. Als ich schließlich vom Auto mit der Kamera im Gepäck zurück gerannt kam, waren die beiden schon im Gebüsch verschwunden. Wir fanden aber einige Trampelpfade und sind in die Richtung geschlichen, in der wir sie vermuteten. Schließlich entdeckten wir das Küken und einige Meter weiter auch den Papa, der bei den Kasuaren für die Erziehung zuständig und zugleich kleiner als das Weibchen ist. Fotografieren war hier schwieriger, weil überall Gestrüpp vor der Linse war, aber ein paar Bilder sind uns doch gelungen. Während ich so in der Hocke saß, wurde das Küken durch das Geräusch des wegklappenden Kameraspiegels neugierig und kam auf uns zu gerannt. Wir befürchteten, dass der Papi unsere Nähe zu seinem Nachwuchs nicht so schön finden würde und traten deshalb den Rückzug an. Das Küken aber war hartnäckig und schließlich mussten wir vor ihm flüchten. War sicherlich ein komischer Anblick. Das wiederholte sich noch einige Male, bis wir letztlich von den Mücken völlig zerstochen waren. Gewaschen haben wir uns danach in einem Bach, weil wir Blödis freundlich um Duscherlaubnis fragten, aber nicht gewillt waren, dafür pro Person 13 Dollar zu bezahlen.
Nächstes Tagesziel waren einige kurze Wanderungen. Es gibt dort oben einige sehr schöne Plankenwege, vorbei an viel Grün, das kaum Licht auf den Boden durchlässt und dazu kommt die laute Beschallung durch permanentes Vogelgezwitscher und das Zirpen der Grillen. War ausgesprochen schön, ist aber textuell schwer in Worte zu fassen und auch nicht leicht zu fotografieren, ich hätte einen Kamerawürfel oder Ähnliches gebraucht, da auf einem einzelnen Foto überhaupt nicht die Atmosphäre herauskommt. Das Video unter diesem Absatz ist dennoch der Versuch, euch die Stimmung bei einem der Wege etwas greifbarer zu machen. Auf einem der Wege sahen wir jemanden fotografieren und entdeckten dann sein Motiv: Kasuar #5. Dafür, dass die Tiere inzwischen so selten sind, hatten wir an einem einzigen Tag ziemliches Glück – im Gegensatz zu den vielen Tourteilnehmern, die wenige Minuten später ankamen. Bei dem Krach, den solche Menschenmengen machen, sieht man natürlich keine Kasuare. Da läuft man eher griesgrämig dem Guide hinterher, verpasst erst den Kasuar, hat dann nur Zeit für das obligatorische „Jo, guck mal, ick war hier!!!“-Foto, trottet dann zurück zum Bus und redet sich dann ein, was man da nicht wieder für eine tolle Tour hatte. Das sind diese Momente, in denen wir sehr glücklich sind, dank Pumba einfach unser Ding machen zu können.
Danach sind wir zum Cape Tribulation gefahren. Das ist hier ein gängiger Name, steht für Regenwald usw. Das Kap selber ist relativ unspektakulär. Eine Art kleine Halbinsel, leicht hügelig, auf beiden Seiten Strände. Vermutlich steht der Name des Kaps stellvertretend für die ganze Region. Cape Tribulation ist der nördlichste Punkt, der regelmäßig von Touristen bevölkert wird. Direkt danach ist die Straße deshalb nicht mehr geteert. Dort beginnt der Bloomfield Track, auch das ist hier ein bekannter Name. Der Track ist gute 30 km lang und verkürzt den Weg nach Norden seit seiner Fertigstellung erheblich. Dafür musste leider Regenwald weichen, weshalb es damals heftige Proteste gegen den Track gab. Diese konnten zwar das Vorhaben letztlich nicht aufhalten, spielten aber eine wesentliche Rolle bei der späteren Vergabe des Titels „Welterbe“ für eine deutlich größere Region. Der Weg selber führt durch mehrere Bäche und Flüsse, teilweise unangenehm tief und hat außerdem einige der steilsten Straßen Australiens. Wo nun in wenigen Wochen der Verkauf von Pumba ansteht, wollten wir diese Route nicht befahren. Jetzt noch irgendwas kaputt machen muss einfach nicht sein.
Aus Interesse haben wir uns jedoch eine Informationsbroschüre gekauft und einen Ortsansässigen gefragt, ob er meine, dass Pumba den Weg packen würde. Der hat sich unser treues Auto angeschaut und meinte: „This old beast will take you everywhere.“ Ronja war über meine anschließende Entscheidung, den Weg nun doch zu fahren, überhaupt nicht begeistert. Für unsere Übernachtung bezahlten wir (hört, hört!), weil Ronja seit ihrem Geburtstag noch eine Art Gutschein dafür hatte. Die Unterkunft war wunderschön gelegen, mitten im Regenwald und doch nahe am Strand. Wir schliefen in einer Holzhütte, die zwar ganz einfach eingerichtet war, aber das machte irgendwie den Reiz aus. Da bereiteten wir uns auf den Weg vor, genossen zur Abwechslung mal warmes Duschwasser, ließen uns abends bekochen und schliefen schön aus. Nachts ließen wir extra die Fenster weit offen, um all die Geräusche des Waldes hören zu können. War wirklich schön!
Am nächsten Morgen fuhren wir nochmals kurz zum Cape Tribulation, um ein Foto zu machen – am Tag zuvor war das Licht ungünstig… Danach gings aber wirklich auf den Bloomfield Track. Der Großteil des Weges ist problemlos: Schotterstraße, ein paar Schlaglöcher, manchmal etwas wenig Bodenhaftung. Die wirklich steilen Hügel sind auch locker zu packen, weil diese inzwischen asphaltiert sind. Das eigentliche Problem sind die Flussdurchquerungen.
Schon in den Blue Mountains hatten wir aus einer solchen eine Wissenschaft gemacht, weil wir darauf nicht vorbereitet waren. Jetzt wirkt die damalige Durchquerung wie das Rollen durch eine Pfütze. Wir hatten uns vor der Fahrt auf den Bloomfield Track zeigen lassen, wie hoch das Wasser nicht sein darf: Die Luftansaugvorrichtung für den Motor darf kein Wasser ziehen, sonst verschluckt sich der Motor. Glücklicherweise befindet sich diese Vorrichtung weit oben im Motorraum. Erst wenn das Wasser über die bei uns recht hohe Motorhaube schwappt, sollten wir uns ernsthaft Sorgen machen. Und in einem Fluss liegen bleiben, in dem Krokodile wohnen könnten, will man nicht. Die potentiellen Krokos stellten uns noch vor weitere Probleme: Normalerweise läuft man einen Fluss vor der Durchfahrt ab, um die optimale Strecke zu finden. Bei Krokogefahr spart man sich diese Testbegehung besser. Unsere erste Durchfahrt war dann auch gleich die zweittiefste. Allrad, Untersetzung und los gings mit nicht zu wenig Gas. Durch das Tempo schiebt man eine Art Welle vor sich her, zwischen dieser und dem Motor bleibt ein Luftraum bestehen, sodass er hoffentlich kein Wasser zieht. Alles ging gut. Auch wenn das Wasser hoch genug war, um bis über die Türschlitze zu reichen, lief aufgrund des Luftdrucks im Auto kein Wasser hinein. Das funktioniert aber nur für begrenzte Zeit, wie man uns sagte. Weil wir von unserer Durchfahrt noch Fotos brauchten, stieg Ronja aus und ich fuhr zwei weitere Male durch den Fluss.
Es folgten einige kleinere Bäche und schließlich der tiefste Fluss. Inzwischen recht abgebrüht fuhren wir ins Wasser und merkten schnell, dass dieser wirklich unangenehm tief war. Als das Wasser einmal kurz über die Motorhaube schwappte, weil wir in eine Art Schlagloch fuhren, fanden wir das überhaupt nicht cool und sahen zu, dass wir aus dem Fluss rauskamen. Pumba hat sich nicht beschwert, aber wir wollten auf keinen Fall zwei weitere Durchfahrten riskieren, nur um noch tollere Fotos zu haben.
Nachdem wir den Bloomfield Track erleichtert hinter uns gelassen hatten, war das nächste Ziel die Stadt Cooktown. Ein paar Kilometer davor verließen wir den Highway und fuhren über Schotter – was sonst – an die Küste. Wir haben ja schon wirklich viele Schlafplätze hier in Australien gesehen. Da muss man unterscheiden zwischen legalen und weniger legalen. Die legalen kosten häufig und sind damit für uns eine absolute Ausnahme. Bei den legalen kostenlosen gibts mitunter gute, ruhige und schöne Schlafplätze, häufig gibt es aber einen Haken wie Überfüllung oder Straßenlärm. Bei den illegalen sind jene in den Städten am schlimmsten: Häufig steht man in Wohngebieten und hofft nicht aufzufallen. Nervig wirds, wenn morgens vorbeifahrende Autofahrer hupen und man fotografiert wird. Meist schlafen wir aber irgendwo außerhalb der Städte, irgendwo im Busch und gut ist. Und manchmal gibts Schlafplätze, die sind einfach nur der Wahnsinn. An einem solchen verbrachten wir dort, nahe Cooktown, die Nacht. Hoch oben auf einem Hügel, ganz nah der Küste, mit einem unglaublichen Blick aufs Meer, die Berge dahinter und den menschleeren Strand ganz in der Nähe. Nachts dann das Rauschen des Meeres und zum Aufstehen wieder dieser Anblick. Wirklich toll! Abends wurden wir von zwei älteren Leuten eingeladen, uns zu ihnen zu setzen und erfuhren, dass die Frau sich nichts sehnlicher wünschte, als einmal weiße Weihnachten zu erleben. Von uns erwartete sie nun, dass wir ihr sagen könnten, wo sie denn in Österreich ganz sicher weiße Weihnachten erleben könnte. Das größte Problem schien ihr das Beschaffen passender Kleidung zu sein. In einem Ort wie Cairns, wo man zu Weihnachten Hochsommer hat und im Winter mal die Klimaanlage ausstellt, ist das tatsächlich nicht einfach.
Der nächste Morgen brachte uns nach Cooktown, nichts besonderes, lohnt die Fahrt nicht wirklich. Schön war aber der Aussichtspunkt, von dem aus man die Stadt, Berge, das Meer, einen Leuchtturm und einen sich ins Land schlängelnden Fluss sieht. Cooktown stellt nun den nördlichsten Punkt unserer Reise dar. Nachdem wir den östlichsten Punkt des Festlands in Byron Bay besucht haben, den südlichsten an der Great Ocean Road und den westlichsten am Steep Point, werden wir die Spitze der Cape York Halbinsel zumindest auf dieser Reise nicht erreichen. Der Weg dorthin gilt als sehr anspruchsvoller Allradweg und noch ist alles zu feucht, um dorthin zu gelangen.
Der Weg nach Süden zurück nach Cairns führte uns über die deutlich längere Inlandstrecke. Wir stoppten an der Mossman Gorge, einer Schlucht also. Während wir schon so einige Schluchten aus den trockenen Regionen Australiens kennen, war diese ganz anders: Man merkt gar nicht, dass man sich in einer Schlucht befindet, da man durch die dichte Vegetation bloß einig Meter weit schauen und so keine Steilwände, Hügel oder Ähnliches wahrnehmen kann. Schön wars dennoch. Charakteristisch für die Mossman Gorge ist der Fluss mit den vielen großen Steinen drin. Während ich dort von Stein zu Stein sprang und Fotos machte, verlor ich einen Objektivdeckel. Nicht tragisch, aber ärgerlich. (Cairns hat zwei Fotoläden, die beide keinen Deckel mit dem benötigten Durchmesser hatten, erst 300 km weiter südlich in Townsville sollte ich später einen bekommen, aber das nur nebenbei, zur Sache:) In der Mossman Gorge war es durch das regnerische Wetter so feucht, das mein Kameraobjektiv ständig beschlug und ich kaum Fotos machen konnte.
Danach fuhren wir zurück nach Cairns. Sooo, normalerweise seid ihr nach dem Schreiben eines Blogeintrags wieder auf ziemlich aktuellem Stand. Diesmal nicht. Das würde den Rahmen sprengen und lesen würde das auch keiner mehr. Wir werden also versuchen, den nächsten Eintrag in nicht allzu ferner Zukunft nachzureichen.
Liebe Grüße aus einem Schlafplatz in den Dünen (weniger legal, aber sehr schön) 1000 km südlich von Cairns!